Pflegestärkungsgesetz II tritt in Kraft: Was Sie zu den Änderungen jetzt wissen sollten


Zum 01.01.2016 trat das Pflegestärkungsgesetz II in Kraft. Ab 2017 gilt dann die Einstufung in fünf neue Pflegegrade. Damit reagiert die Politik auf die jahrelange Kritik seitens der Betroffenen und von Sozialverbänden, dass der tatsächliche Pflegebedarf bei der aktuellen Einstufung in eine Pflegestufe nicht ausreichend erfasst würde. Die Erwartungen sind groß. Die Bundesregierung verspricht deutlich bessere Leistungen für die meisten Betroffenen. Dabei soll im Vergleich zur aktuellen Regelung niemand schlechter gestellt werden. Wir möchten dies zum Anlass nehmen, um über die aktuellen Entwicklungen zu diskutieren und um Sie über die wichtigsten Inhalte des Pflegestärkungsgetzes II zu informieren. Was Sie zu den anstehenden Änderungen jetzt wissen sollten:

Was ändert sich bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit?

In Zukunft werden körperliche, geistige und psychische Einschränkungen gleichermaßen erfasst und in die Einstufung einbezogen. Statt bisher drei Pflegestufen gibt es ab 2017 fünf Pflegegrade. Bei der Begutachtung wird der Grad der Selbstständigkeit in sechs verschiedenen Bereichen gemessen - z. B.  Bewältigung von krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen, Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte - und mit unterschiedlicher Gewichtung zu einer Gesamtbewertung zusammengeführt. Daraus ergibt sich die Einstufung in einen Pflegegrad.

Welchen Pflegegrad erhalten Personen, die bereits eine Pflegestufe haben? Muss ein neuer Antrag gestellt werden?

Versicherte, die bereits eine Pflegestufe haben, werden ohne erneute Antragstellung und ohne erneute Begutachtung mit Wirkung zum 1. Januar 2017 einem Pflegegrad zugeordnet. Dabei gelten die folgenden Zuordnungsregelungen:

  • Personen ohne eingeschränkte Alltagskompetenz (Demenz) werden einen Pflegegrad höher eingestuft als ihre aktuelle Pflegestufe.
  • Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz (Demenz) werden zwei Pflegegrade höher eingestuft als ihre aktuelle Pflegestufe.

Welche Leistungen gibt es ab 2017?

Pflegegrad Pflegegeld Pflege­sach­leistung - ambulante Pflege Pflege­sach­leistung - vollstationäre Pflege
1 125 € 125 € 125 €
2 316 € 689 € 770 €
3 545 € 1.298 € 1.262 €
4 728 € 1.612 € 1.775 €
5 901 € 1.995 € 2.005 €

Kann es durch die neue Einstufung zu einer Schlechterstellung kommen?

Nach aktueller Aussage des Bundesministeriums wird es keine Verschlechterung geben. Es soll einen Bestandsschutz geben, um zu gewährleisten, dass den bisherigen Pflegebedürftigen keine Nachteile erwachsen.

Das gilt auch für Pflegebedürftige, die sich in der Hoffnung auf eine höhere Einstufung neu begutachten lassen. Ergibt die Untersuchung, dass sie eigentlich herabgestuft werden müssten, wird dies nicht umgesetzt und es bleibt bei der vorherigen Einstufung.

Für Menschen, die nach Einführung des neuen Systems pflegebedürftig werden, kann sich aber - verglichen mit dem alten System - durchaus eine Verschlechterung ergeben.

  • Wer statt in die Pflegestufe I nun in den Pflegegrad 2 kommt, erhält statt heute 1.064 € nur noch 770 € pro Monat für die vollstationäre Pflege.
  • Wer bislang Pflegestufe II hatte, erhält mit Pflegegrad 3 nur 1.262 € statt aktuell 1.330 € pro Monat bei vollstationärer Pflege.

Sozialverbände befürchten darüber hinaus, dass bei einer neuen Begutachtung nach zwei bis drei Jahren der bisher zugesicherte Bestandschutz verloren gehen könnte.

Außerdem bleibt die Frage offen: Was ist tatsächlich dran an den Versprechungen der Bundesregierung? Wird der Bestandschutz wirklich konsequent umgesetzt werden?

Was bedeutet das für den Bedarf an privater Vorsorge?

Eine tatsächliche Verbesserung der gesetzlichen Leistungen wird es in absehbarer Zeit wohl kaum geben. Vielmehr rügten zahlreiche Sozialverbände die geplante Leistungsminderung in den unteren Pflegegraden 2 und 3 im stationären Bereich. Vor allem die Absenkung des Leistungssatzes für den Pflegegrad 2 (bisher Pflegestufe I) um rund 300 € sei inakzeptabel.

Auch für höhere Pflegegrade werden die Leistungen ab 2017 nur geringfügig erhöht. So erhalten Pflegebedürftige, die aktuell in Pflegestufe III – ab 2017 dann in Pflegegrad 4 – eingestuft sind, dann 1.775 € bei vollstationärer Pflege. Bei tatsächlichen Kosten von rund 3.500 € klafft immer noch eine Lücke von gut 1.700 € pro Monat, für die Betroffene mit ihrem eigenen Einkommen und Vermögen aufkommen müssen. Reicht dieses nicht aus, sind Angehörige, wie beispielsweise die Kinder, zum Unterhalt verpflichtet.

Immer häufiger sind Betroffene und deren Familien mit den Pflegekosten überfordert. Im Jahr 2014 haben mehr als 450.000 Pflegebedürftige Sozialleistungen empfangen, weil sie die notwendigen finanziellen Mittel für die Pflege nicht mehr aufbringen konnten. Insgesamt wurden Sozialhilfeleistungen von 3,5 Milliarden € an Pflegebedürftige geleistet.

Eine Lösung für dieses Dilemma bietet auch das Pflegestärkungsgesetz II nicht. Die private Pflegevorsorge bleibt weiterhin unabdingbar. 

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